Die
Vernissage:
 

Im
Rahmen der Vernissage las der Schriftsteller Ernst Nowak Texte,
mit denen er den Künstler Franz Rosei den zahlreich erschienen
Gästen präsentierte:
"Ein Bannkreis ist um diesen Körper gezogen. Daß
ich unversehens in einem Andachtsraum bin, macht mich beklommen.
Ich bin lieber vorsichtig. Diese Körper sind augenlos,
aber ich spüre, sie schauen mich an. Ihr Zauber kann bös
und gut sein. Ich weiß nicht, ob ich sie berühren
soll. Ich habe gehört, daß, was einmal in Berührung
gekommen ist, für immer in Beziehung verbunden bleibt.
Auch sind sie so fehlerlos. Eine Fingerspur nur, eine kleine
Unachtsamkeit, und schon könnten sie verdorben und ungültig
sein. Ich merke schon: obwohl sie sichtlich hart und schwer
sind, wollen sie behandelt sein wie ein rohes Ei.
Ich
habe solche Körper noch nie gesehen, nur ähnliche.
Ihre Last ist mit Bedacht verteiltund ausgewogen, sie sind mir
angeboten: erhöht und ins Licht gerückt. Weil sie
sich nicht selbst um ihre Achse drehen, gehe ich um sie herum,
so daß mein Blick sie in einer Art SChraubenbewegung entwickelt.
Sie sind Raum und Lichtfresser, mit Raum und Licht gefüttert,
werden sie stark und erzeugen (ich sehe es an ihren Kanten)
selbst Licht und Raum. Sie sind unbenützbar. Sie sind die
Ruhe selbst und scheinen ewig Zeit zu haben."
Franz
Rosei wurde 1947 in Wien geboren. 1966 Matura, 1967 Beginn
der Arbeit an Holz- und Gipsskulpturen. Nach einem kurzen Aufenthalt
an der Hochschule für angewandte Kunst bei Prof. Leinfellner
arbeitet Rosei wieder alleine weiter. Einige Plastiken in Betongusstechnik
entstehen. Ab 1970 arbeitet er ausschließlich in Stein
(Marmor, Kalkstein, Sandstein), daneben Beschäftigung mit
der Zeichnung (Bleistift, Kohle, Wasserfarben). 1985 Beginn
der Arbeit an der Form für einen großen Bronzeguss.
Seither entstehen immer wieder auch Bronzeplastiken.
Roseis
Arbeiten waren bereits mehrfach Ausstellungen in Wien, Salzburg,
Klagenfurt, Graz und Linz, in München, Mailand und New
York gewidmet. Darüber hinaus beteiligte er sich an etlichen
Großausstellungen zeitgenössischer Kunst, z.B. in
Basel, Bozen und Paris.
Franz
Rosei über seine Arbeit: "Das zentrale Thema ist
nicht die menschliche Figur, wie ich oft höre, sondern
die Sicht auf dieses Leben, die Welt, und der Wunsch, das Ergebnis
dieser Betrachtung, Untersuchung in Form umzusetzen. Diese Sicht
ist nicht heiter, auch nicht gelassen, da ist ein Sichaussetzen,
Sichentziehen, ein Standhalten, ein Dulden und Ertragen, ohne
Resignation. Zur Arbeit: Zuerst sind es die Bilder, die auftauchen
- man findet was man sucht. Sie scheinen klar und überzeugend,
aber dem ist nicht so. Schon nach kurzer Zeit, nach der Zerstörung
des Blocks wird das Bild fragwürdig. Nun beginnt das Material,
der Stein die Formvorstellung zu relativieren, das ist der eigentliche
Beginn der Arbeit. Ein Vorwärtsgehen im Sinne des Bildes
und ein Reagieren auf die Veränderungen, auch auf den Zufall.
Ein Prüfen und Abwägen, ein höchst waches Planen
einerseits, ein nahezu somnambuler Zustand andererseits. DENKEN,
SCHAUEN, TIEFTAUCHEN - Monate lang. Die Skulptur in ihren reichen
gedanklichen und gefühlsmäßigen Verästelungen
trägt man in sich, sie ist in Herz und Hirn tief, ja qualvoll
eingesenkt. Irgendwann, ähnlich wie bei einem Schachspiel,
sind die Möglichkeiten ausgedünnt, ist die Botschaft
eingebracht. Nun beginnt das aufreibende
Finish der Arbeit - die Trennlinie im Fluss der Gedanken muss
gezogen
werden. Jeder weitere Eingriff würde die Umarbeitung der
ganzen Skulptur, vielleicht deren Zerstörung bedingen.
So ist es für mich, so geschieht es."
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