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Die
Vernissage
Samstag, 1. Juni 2002
"EL
Hombre"
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Fotos: Bertl
Strasser, Text: Ilse Nekut (zu Lesen
in einem der letzten Kultur-Splitter des Erlaftalboten)
Beim
Eintreffen erwartet mich an diesem Samstagabend Ungewöhnliches:
Vor dem "Bürgerspital", dem Kilber Kulturhaus,
konzertiert eine dörfliche Musikgruppe für großstädtische
Gäste. Da seh´ ich doch tatsächlich die
österreichische Außenministerin, umringt von
Ehemann Dr. Ferrero, vom Künstler Jorge Castro Florez,
um dessentwillen alle hier sind, von kulturbewegten Persönlichkeiten
des Ortes und von diversen Presseleuten. Na gut bis zur
Vernissage der Ausstellung "El Hombre" ("Der
Mensch") bleibt noch ein Viertelstündchen, die
Prominenz läuft nicht davon. Also sehe ich mir im
zauberhaften Ambiente des Renaissancehauses die Bronzeskulpturen
des spanischen Künstlers an - allein und in aller
Ruhe:
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Exponate des 1938 in Barcelona geborenen Florez sind hier
zu sehen; der "Kulturwerkstätte Kilb" ist
damit Großes gelungen. Einen weltweit anerkannten
Bildhauer in ein weltweit unbekanntes Dorf zu holen -
dazu braucht es Engagement, Liebe zur Kunst und Teamarbeit.
Die Skulpturen, die einen hier erwarten, sind ausdrucksstark,
emotional, anklagend und immer wieder erfüllt von
der Liebe zum menschen. Das bewegte Leben jenes Künstlers,
der als Kind aus Spanien fliehen mußte, in Frankreich
interniert war, nach Uruguay ausgewandert und letztlich
- wieder auf der Flucht vor Gewalt und Diktatur - in Kanada
gelandet ist, prägt all diese bronzenen Zeugen einer
zerrissenen Menschheit, aber auch einer Menschheit voller
Liebe.
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Florez
lebt seit 1986 wieder in seiner Heimat, und seine Werke
sind eine einzige Würdigung des Menschen. Da steht
das "Glück" als Tänzerin in phantastischer
Balance, da liegt im Werk "Explosion" ein Zerteilter,
Zerrissener, fast gekreuzigt, und lässt die Skulptur
"Befreiung" hoffen auf das Ende von Blindheit
und Unterdrückung. Expressive Kraft und soziales
Mitgefühl sprechen aus Jorge Castro Florez´Figuren,
und nachdem ich all das in Ruhe ansehen konnte, beginnt
das gesellschaftliche Ereignis:
Gittarist
und Pianistin intonieren als Auftakt Rodrigos "Concerto
di Aranjuez", Obmann Karl Henninger begrüßt
Ministerin, Bundesrätin, Bezirkshauptfrau, Bürger-
und Altbürgermeister, Abgeordnete, Gäste aus
Holland, Tirol, Salzburg und Wien - und uns alle.Der Künstler
selbst, weißhaarig, weißbärtig, einem
spanischen König gleich,
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findet
menschlich berührende und kluge Worte. Dr. Ferrero
Campos, der Leiter des "Instituto Cervantes"
in Wien, hält eine außergewöhnliche Ansprache
auf Spanisch, die von seiner Frau ins Deutsche übersetzt
wird - eine sympathische Geste einer Politikerin, die
hier in der Obhut der Kunst zierlicher, jünger und
hübscher erscheint als im TV.
Fotoapparate
lassen ihre Lichter blitzen, man lächelt, man freut
sich. Die Werke des Künstlers bleiben hier ja noch
für drei Wochen, also steht jetzt, an diesem ersten
Abend, sicher das im Vordergrund, was Kultur auch ist:
Brücke zwischen Menschen, Möglichkeit sich im
Fühlen zu üben, und Spiegel der Menschwerdung.
"Das
Kulturhaus ist die Seele eines Ortes" sagte Jorge
Castro Florez in seiner Rede. Die Kilber haben diese Seele
erweckt und gehen mit ihr sorgsam um. Die Ausstellung
"El Hombre" ist wieder ein Stück Boden
im weiten Land der Seele dieses Orts. Möge sie weiter
wachsen...
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